Von Stephanos Berger, CIDCOM.
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TikTok führt die Konkurrenz vor – vor allem, weil sich auch das Suchverhalten ins Netz ändert. Die App sorgt damit weiterhin für einen großen Umbruch in der Social-Media-Welt. „Bestes Kuchenrezept vegan“ suchen junge Nutzer:innen nämlich immer öfters mit TikTok statt mit Google.
Der Herausforderer
TikTok, das einst unter dem Namen musical.ly mit Karaoke und Tanzeinlagen bekannt geworden ist, hat sich seit der Übernahme durch Bytedance als das Social-Media Unterhaltungsmedium Nummer Eins der U30-Zielgruppen etabliert. In flottem Stakkato werden vornehmlich Teenager mit Kurzvideos täglich stundenlang abgelenkt und mit eher flachen Witzen, Karaoke-Clips und auch viel stark vereinfachter Lebenshilfe versorgt, die unter dem Begriff "Life Hacks" kursieren. Mittlerweile gilt die App aber auch bei Jugendlichen über den ganzen Erdball als schnelle und zuverlässige Quelle für die vielen täglichen Fragen, die man mit 15 Jahren so hat. Zum Beispiel ist in den USA der Suchbegriff "Best recommendation letter from teacher" kurz vor Schulwechsel hoch im Kurs. Aber auch hierzulande suchen die Jüngeren etwa nach Schönheitstipps, dem besten Weg zu Bauchmuskeln oder einfach nach dem angesagten "Goddess Salat", einem vegetarischen Rezept, mit dem sie auf jeden Fall mehrere Stunden beschäftigt sind – sofern sie von TikTok ablassen und es nachmachen. Kann dieses Verhalten aber auch Marken und Unternehmen nützlich sein?
"Wieviel Taschengeld mit 16 Jahren?"
Das ist ein Beispiel für eine häufig gestellte Frage in TikTok. Antwort geben Influencer und andere Teenager. Genausogut könnte das aber auch eine Bank mit einem pfiffigen Video beantworten, die sich um junge Kund:innen umsehen will. TikTok ist tatsächlich bereits in der Lage, mit Google und anderen Suchmaschinen mitzuhalten – und das Ergebnis ist ein lustiges Video statt einer unüberschaubaren Wiki-Seite. Konkrete Fragen nach Dingen oder Informationen werden am besten einfach von anderen TikTok-Nutzer:innen beantwortet. Und: Es ist für junge Zielgruppen extrem attraktiv geworden, alle Dienste in einem einzigen digitalen Ökosystem vorzufinden. Das lässt sich tatsächlich nutzen. Unsere CIDCOM Digitalstrategien beziehen daher immer öfter TikTok für unsere Kunden in die Planung mit ein.
Die Vertrauensfrage: Welcher Suchmaschine sollen junge Nutzer:innen glauben?
ChatGPT, die künstliche Intelligenz, die man seit kurzem auch um Rat fragen kann, ist ein gutes Beispiel dafür, dass Nutzer:innen lieber in ganzen Sätzen statt wohlüberlebten Begriffsverkettungen suchen. Wie es eben auch bei TikTok möglich ist. Denn erfolgreiches "Googeln" ist mittlerweile eine Kunst, um nicht nur seitenweise personalisierte Werbung zu erhalten. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, wann auch TikTok mithilfe von AI eine komplett kontextgesteuerte Suche anbietet. Und dann ist das Rennen um die Jungen wohl gelaufen, denn letztendlich ist und bleibt TikTok eine App, in der es vergnügt und voller Videohäppchen zugeht. Wir tippen darauf, dass sich Google gerade ein neues Konzept zurechtlegt, wie die digitale Textwüste bald aussehen wird – wenn sie die Herausforderung ernst nehmen.
Alternativlos attraktiv
Fest steht: Karaokeauftritte oder Tanzeinlagen, Taschengeldtipps oder Schminkanleitungen: TikToks Reichweite steigt weiter. Die algorithmischen Empfehlungen für die Feeds der Nutzer:innen sind offenbar so treffsicher, dass viele junge und auch immer ältere Zielgruppen ihren Blick kaum noch davon wenden können. Und auch darin suchen, suchen, suchen.